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Zweiter Kant – Abend: Filmvorführung „Club der toten Dichter“

Am 28.11.2007 fand im PZ des SGH eine ungewöhnliche Veranstaltung statt: Im Rahmen der „Kant – Initiative“ wurde dort der amerikanische Spielfilm „Der Club der toten Dichter“ aufgeführt, um an ihm in einer anschließenden Diskussion Kant – Typisches zur Sprache zu bringen.

Der 1990 mit mehreren Oscars prämierte Film (John Weir bester Regisseur, Robin Williams bester Schauspieler, bestes Drehbuch,) führt vor, wie Schüler eines streng konservativ geführten Internats in den USA durch den neuen Deutschlehrer John Keating die Welt selbstständigen Denkens kennenlernen und für sich erobern („carpe diem“). Im Zusammenhang mit den Konflikten, die dadurch in ihrer festgefügten Welt entstehen, nimmt sich allerdings ein Schüler (Neil Perry) das Leben und der Lehrer muss als denunzierter Hauptschuldiger die Schule verlassen. Unvergesslich ist der Schluss des Films, bei dem sich die Hälfte der Klasse, ohne sich um den tobenden Direktor zu kümmern, auf die Tische stellt, um dem entlassenen Lehrer eine letzte Referenz zu erweisen.

In der anschließenden Diskussion zwischen drei Schülerinnen und Schülern und den beiden Lehrern Winfried Engel und Wilhelm Kersting unter der Leitung von Addi Großmann blieb nach der mehr als zweistündigen Vorführung leider nur wenig Zeit, auf den Film und den eigentlich Anlass - Immanuel Kant - einzugehen. Interessant war aber, dass die Schüler einen innovativen Lehrer Keating durchaus im Unterricht begrüßen würden, während die beiden Lehrer unter Hinweis gerade auf Kant auch deutliche Kritik an ihm übten: Er habe mit seiner forcierten Forderung, selbstständig zu fühlen und zu denken, die von Kant geforderte Unterscheidung zwischen öffentlich und privat gebrauchter Vernunft missachtet (siehe Kants Aufsatz "Was ist Aufklärung?" von 1784), die ihn dazu hätte bringen müssen, die institutionellen Rahmenbedingungen als vorgegebene Realität zumindest anzuerkennen. Insofern trage er tatsächlich, neben dem reaktionären Umfeld natürlich, eine Mitschuld an der Katastrophe.

Die Meinung beider Lehrer war, dass ein auf Kant ausgerichteter Lehrer institutionelle Vorgaben, wie z.B. das Zentralabitur, in Rechnung stellen müsse, dass er innerhalb dieses Rahmens jedoch selbstständiges Denken einfordern müsse, also durchaus auch ein „Keating“ sein dürfe - was allerdings unter den gegebenen Umständen auch leichter zu praktizieren sei als am Schaupatz der Filmhandlung.